Europa kann von Martinus lernen

Für mehr Freiheit und Gerechtigkeit

Vom 22. Juli bis 23. Oktober sind Prälat Werner Redies, emeritierter Generalvikar der Diözese, und der ehemalige Schemmerhofener Bürgermeister Eugen Engler über 1000 Kilometer von Ungarn bis nach Ochsenhausen gepilgert. Über die Erlebnisse beim Entdecken einer neuen Martinusweg-Route berichtet Redies im Interview.

Herr Prälat Redies, wie kamen Sie auf die Idee, sich auf das Pilgerwegabenteuer einzulassen?

Werner Redies: Seit ich weiß, dass der Europarat einen Martinusweg von Sombathely nach Tours als europäischen Kulturweg definiert hat, habe ich mich mit dem Gedanken beschäftigt, diesen Weg zu gehen. Alleine habe ich es mir nicht zugetraut. Ein Stück des in Württemberg ausgezeichneten Martinus-Hauptweges bin ich vor gut zwei Jahren zusammen mit Bischof Fürst auch über die Gemarkung Schemmerhofen gepilgert. Damals begegnete ich Bürgermeister Engler und hörte, er wolle in wenigen Monaten den gesamten Jakobusweg gehen. Davon wollte ich ihn abspenstig machen und ihn für den Martinusweg gewinnen. Bei seinem Vorhaben blieb er und hat es auch umgesetzt, doch er versprach ein Jahr später mit mir den Martinusweg zu pilgern. So wurde die Idee dann in diesem Jahr Realität.

Was war für Sie die größte Herausforderung und der schönste Glücksmoment auf der Strecke?

Redies: Die größte Herausforderung war, da ich mit einer Sehne Probleme bekam, den Weg für einige Wochen zu unterbrechen und Geduld zu haben. Auf dem Weg war eine Tagestour auf dem Donausteig mit über 30 Kilometern und der Überwindung von insgesamt 1000 Höhenmetern die größte Herausforderung. Ein einmalig schöner Blick ins Donautal bei herrlichem Wetter war ein besonderer Glücksmoment.

Sie haben zusammen mit Eugen Engler als Pionier die Mittelroute des Martinusweges bis in die Diözese Rottenburg-Stuttgart ausgetüftelt. Was raten sie den Pilgern, die Ihren Spuren demnächst folgen werden?

Redies: Abzuwarten bis die App des Martinusweges mit Hilfe unserer GPS-Aufzeichnungen erarbeitet ist und sich nicht ohne diese Hilfe auf den Weg zu machen. Wir hatten zwei iPads, zwei iPhones dabei, einen Akku – und trotzdem sind wir an Grenzen gekommen, vor allem an Wegkreuzungen. Wir sind auch Wege gegangen, die zwar in Wanderapps ausgewiesen sind, die aber teilweise zu Ackerland umgepflügt oder völlig zugewachsen sind. Wir werden diese Strecken nicht empfehlen und andere Strecken suchen und nahelegen.

Sankt Martin ist vor 1617 Jahren gestorben und trotzdem noch heute bei Klein und Groß bekannt. Was fasziniert Sie persönlich an diesem Heiligen?

Redies: Sein Mut, mit dem er Kaisern, Mitbischöfen und Räubern gegenüber auftrat. Wenn ich das richtig sehe, entsprang er seiner Glaubensgewissheit, dass Jesus nicht nur ein guter Mensch war, sondern als der Christus bei Gott, seinem Vater, lebt. Aus dieser Gewissheit heraus hat Martin nicht nur Almosen gegeben, sondern geteilt, also für größere Gerechtigkeit gesorgt. Besonders fasziniert mich seine Barmherzigkeit, da er für die als Häretiker verurteilten Priszillianer eintrat, obgleich er ihre Meinung nicht teilte. Martin ist ein Mann mit weitem Herzen, ein Heiliger, den ich nicht für meine Anliegen vereinnahmen kann, und darum ein Mensch, der auch dem heutigen Europa etwas zu sagen hat.

Planen Sie die Fortsetzung Ihres Pilgerweges und werden Sie wieder Menschen durch den Blog mit auf den Weg nehmen?

Redies: Jetzt ist zunächst einmal Pause. Die noch anstehende Wegstrecke bis nach Tours haben wir noch nicht in den Blick genommen. Aus der zurückliegenden Erfahrung wissen wir, dass der Weg noch sorgfältiger vorausgeplant werden muss. Zur Entscheidung braucht es Abstand und es ist nicht nur meine Entscheidung, wir waren zu zweit. Selbstverständlich lasse ich dann gerne wieder Menschen am Weg teilhaben. Noch wichtiger ist mir, ihnen die Persönlichkeit des Heiligen Martin als einen Menschen nahe zu bringen, der Aspekte lebte, die Europa heute dringend braucht. So das Eintreten für die Freiheit aus dem Wissen heraus, dass Christus mit den Gefangenen ist und in der Kirche noch mehr Gerechtigkeit gelebt werden muss, damit dieser Geist die Völker Europas erfasst.

Markus Waggershauser – 31.10.2014

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