Archiv für den Tag 14. August 2015

Jahre der Orientierung

Martinus sucht nach seiner Soldatenzeit Bischof Hilarius von Poirtiers auf, „eine weithin anerkannte Autorität“. Dieser bedeutende Bischof wird sein Lehrer, geistlicher Begleiter und Förderer.
Hatten sich bei Martin schon in der Militärzeit asketische Züge gezeigt, treten diese nun immer stärker hervor. Als Hilarius ihn zum Diakon weihen will, lehnt er ab, weil er nicht als zu ehrgeizig erscheinen will. Der Bischof erkennt das asketische Motiv und trägt ihm den niedersten kirchlichen Dienst an. Da Martin den Eindruck vermeiden will, dieser Dienst sei unter seiner Würde, stimmt er zu.
Hilarius trat entschieden gegen die Irrlehre des Arianismus auf, Jesus sei nur ein Mensch gewesen und wird vom Kaiser, der diese Irrlehre vertrat, verbannt. Martin hatte sich kurz zuvor auf den Weg zu seinen Eltern begeben, um diese vom Glauben an Jesus Christus zu überzeugen. Bei seiner Mutter und anderen Menschen gelingt ihm dies, nicht bei seinem Vater.
Der Arianismus griff zu der Zeit auch in Illyricum (heute: Gebiet von Albanien und Kroatien) gewaltig um sich. Martin kämpft dort gegen die Irrlehre entschieden an. Er wird bestraft, verfolgt, geschlagen und schließlich aus der Region vertrieben. Schließlich zieht er sich zusammen mit einem Priester auf eine unbewohnte Insel südöstlich von Genua zurück. Hier widmet er sich ganz dem Gebet, und lebt von Kräutern und Wurzeln. Er isst eine giftige Pflanze, kämpft betend gegen den Tod an und überlebt knapp. Dabei bekommt er wohl Ahnung von seiner Kraft, Wunder zu wirken.

Als er hörte, dass Hilarius aus der Verbannung zurückgekehrt war, folgt er diesem nach Poirtiers und wird von Hilarius „herzlich willkommen geheißen“.

Ein Taufbewerber schließt sich der strengen Lebensweise von Martin an, weitere folgen und Martin gründet ein Kloster vor den Toren der Stadt. Da Martin mehrere Tage von der Gemeinschaft abwesend ist, erkrankt besagter Schüler und stirbt, ohne dass er die Taufe erhalten hat. Als Martin zurückkehrt, findet er die Gemeinschaft weinend und klagend vor und wird selbst davon ergriffen. „Doch dann ließ er sich in seinem Innern zur Gänze vom Heiligen Geist erfassen.“ Auf seine Bitte, allein in der Zelle verweilen zu dürfen, warf er sich betend über den Leib des verstorbenen Mitbruders und darf erleben, wie diesem das Leben wieder geschenkt wird.

Zitat
„Von diesem Zeitpunkt an begann der Name des seligen Mannes mit solcher Kraft zu strahlen, dass Martin, der bereits allgemein für heilig gehalten wird, auch für wundermächtig und wahrhaft apostolisch gehalten wurde.“ Sulpicius Severus

Wunsch
Die Pilger und Wanderer mögen durch die Kraft des Gebetes zur inneren, geistigen Einheit Europas beitragen und in dieser Kraft sicher heimkehren.

14.8.2015 – Die Etappe von Ingelheim nach Bingen am Rhein

Was stellt man sich vor, wenn ein Prälat eine heiße Nacht verbringt? Als wir vom Abendessen zurück ins Hotel gingen, zeigte die Apothekenuhr noch 32 Grad an. Unser Zimmer, schön an der Sonnenseite gelegen, war eine Mischung aus Sauna und Dampfgrotte. Dass mein Mitpilger nachts um 2 und 3 Uhr mit dem großen Handtuch die Luft verwirbelte und den Hitzestau versuchte aufzulösen, war ein eindruckvolles Bild. Na ja, ich komme zum Bericht zurück. Nach der kurzen Nacht, einem sehr reichhaltigen Frühstück ging es um 9 Uhr Richtung Bingen am Rhein. Wir hatten uns nicht für die kurze Variante, sondern die Variante „Wanderwege“ entschieden. So gingen wir schon nach kaum 300 Meter einige Zeit dem Bach Selz entlang. Dann folgte aber der Aufstieg und die Schweißperlen trieben aus der gesamte Oberfläche. Oben am Bismarckturm wurde eine kleine Erholungs- und Trinkpause eingelegt. Ein phantastischer Ausblick war uns immer wieder gegönnt. Über herrliche Waldwege ging es weiter und alsbald wieder bergab durch den Ort Gau-Algesheim. Ich gebe zu, den Ort habe ich noch nie gehört und werde ihn mir auch nicht merken können. Habe meinem Mitpilger nicht verheimlicht, dass wir drei mal das Spielchen machen, erst den Berg hoch und dann wieder hinunter. Dafür hatten wir diese Etappe, mit Blick auf die Höhenmeter, etwas zurückhaltender geplant. So erreichten wir bald den Jakobsberg. Kurz vor der Wallfahrtskirche zu den Vierzehn Heiligen Nothelfern legten wir bei dem Ausssichtsturm „Johannisberger Türmchen“ eine weitere Rast ein. Die besagte Wallfahrtskirche besuchten und bestaunten wir. Nach einem Gebet konnte ich meinen Mitpilger nicht abhalten, doch noch ein Martinslied zu singen. Habe den Heiligen Martin gleich vorgewarnt und auch versichert, dass ich nicht schuldig bin, wenn er jetzt meinen nicht ganz rund klingenden Gesang ertragen muss. Die Strafe war sehr zurückhaltend. Es gab nur ganz wenige Regentropfen und das Wetter wandelte sich sehr schnell in den gewohnten Sonnenschein.
Als letzte Ortschaft durchpilgerten wir Ockenheim, auch die dortige kath. Kirche war offen und wurde kurz besucht. Dann pilgerten wir zunächst über Eisenbahnlinien, über die Autobahn und dann ging es zum dritten und letzten Anstieg vor unserem Etappenziel. Als wir dann auf der Höhe der Rochuskapelle waren, gab es wieder traumhafte Ausblicke nach allen Seiten.
Das Niederwalddenkmal rückte sehr nahe und wir erreichten bereits kurz nach 15 Uhr unser Etappenziel. Das Quartier hatte freundlicher Weise wieder Thomas Jäger für uns im Hotel Starkenburger Hof organisiert und gebucht. Ihm nochmals herzlichen Dank dafür.
Dies war die letzte Etappe, für die ich mich als Navigator verantwortlich fühlte. Mein IPhone hatte ich vor der heutigen Tour entschlackt, so dass kein Funktionsausfall wegen eines zu vollen Speichers eingetreten ist und auch kein Schritt Umweg zu verzeichnen war. Ab dem morgigen Tag wird Herr Bucher die Navigation übernehmen. Morgen marschiere ich noch mit, aber ab Sonntag sind dann Prälat Werner Redies und Wolfgang Bucher on Tour, d.h. es wird nur ein Pferd aus dem Gespann gewechselt.

In eigener Sache: die heutige Etappe bin ich für unseren erst vor wenigen Tagen verstorbenen Freund Willi L. gepilgert.

Eugen Engler und Werner Redies