Nach der Lateinisch und Deutschen Ausgabe He.rausgegeben von Kurt Smolka – St. Martinus-Verlag, Eisenstadt
Hier nur die deutsche Version
21. Es ist ferner Tatsache, dass Martin häufig Engel sehen konnte, ja sie führten mit ihm sogar Zwiegespräche. Den Teufel aber bekam er so deutlich zu Gesicht, dass er ihn in jeglicher Gestalt erkannte, möchte dieser nun er selbst bleiben oder verschiedene Erscheinungsformen des Bösen annehmen. Da der Teufel aber wusste, dass er Martin nicht verborgen bleiben konnte, setzte er ihm oftmals mit Schmähungen zu; er vermochte ihn ja nicht in hinterhältiger Weise zu täuschen.
Einmal aber stürmte er, ein blutüberströmtes Rinderhorn in Händen, unter furchtbarem Getöse in Martins Zelle, zeigte seine blutverschmierte Rechte und sagte, noch in Hochstimmung nach einem eben begangenen Verbrechen: „Wo ist deine Kraft geblieben Martin? Einen der Deinen habe ich eben umgebracht.“ Daraufhin rief Martin seine Mitbrüder zusammen und berichtete Ihnen, was ihm der Teufel kundgetan hatte. Er wies sie an, in der Zelle eines jeden einzelnen aufmerksam nachzusehen, wer denn Opfer dieses Anschlags geworden sei. Sie meldeten, es fehle zwar keiner der Mönche, wohl aber sei ein Mann vom Lande, den man gedungen hatte, Holz mit einem Wagen herbeizuschaffen, in den Wald gegangen. Martin befahl, dass einige ihm entgegengehen sollten. Danach fand man ihn unweit des Klosters, beinahe schon tot. Mit seinem letzten Atemzug gab er den Brüdern die Ursache seiner tödlichen Verwundung an: Während er seinem Ochsengespann die Zügel wieder fest binden wollte, die sich gelockert hatten, habe ein Ochse seinen Schädel aus dem Riemen gerissen und im ein Horn in den Unterleib gestoßen. Nicht viel später verschied der Mann.
Man könnte sich Gedanken darüber machen, warum Gott entschied, dem Teufel diese Macht zu geben. Was freilich Martin betrifft, so war seine Fähigkeit erstaunlich, nicht nur das zuvor berichtete Ereignis, sondern viele ähnliche, immer dann, wenn sie vorkamen, schon sehr früh vorauszusehen beziehungsweise das ihm Geoffenbarte seinen Mitbrüdern kund zu tun.